Litauen

Seitdem wir unsere Reise angetreten haben, kommen wir hier und dort leider nicht am Thema Covid-19 vorbei. Nach Norwegen beispielsweise, hätten wir ohne unsere Impfung nicht einreisen dürfen (das wurde auch mehrfach kontrolliert, bevor wir norwegisches Festland betreten haben) und zumindest auf den Fähren gab es zumindest in der Theorie ein Maskengebot. Wirklich interessiert hat dies jedoch niemanden. In Dänemark und Schweden fiel Covid sozusagen aus. D.h. es gab keinerlei Maskenpflicht und dementsprechend waren wir in engen Räumen bzw. bei Restaurantbesuchen meistens die einzigen, die (freiwillig) eine Maske trugen. Ohnehin schienen sich die Fallzahlen auf unserer Reiseroute stets zu verschlechtern. Jedes Land, in das wir fuhren wurde spätestens während unseres Aufenthaltes von der deutschen Bundesregierung zum so genannten Hochrisikogebiet erklärt. Egal ob Litauen (mit einer Inzidenz von über 700 war dies zu der Zeit der Hotspot Europas schlechthin) oder z.B. im weiteren Verlauf Österreich - wo wir voll im Lockdown inklusive Ausgangssperre ankamen. Und getreu dem deutschen Föderalismus, herrschte auch in unseren europäischen Nachbarländern Uneinigkeit in Bezug auf Maßnahmen zur Eindämmung. Auf der Fähre von Schweden nach Litauen gab es z.B. auch keine theoretische Maskenpflicht mehr. D.h. mit Ausnahme des 1. Offiziers, den wir hin- und wieder gesehen hatten, waren wir wirklich die einzigen, die es in den engen Fluren und Aufenthaltsräumen für sinnvoll erachten haben, eine Maske aufzusetzen. Auf unserer eigenen Kabine war dies natürlich kein Problem und auch im Ruheraum, in dem wir uns am Abend der Abfahrt aufgehalten hatten, waren nur wenige Passagiere, sodass uns abgesehen von der Tatsache, dass wir Masken tragen, immerhin kein beklemmendes Gefühl heimsuchte.

Dies änderte sich allerdings am darauffolgenden Morgen: Beim Frühstücksbuffett in der Schiffsmesse trafen wir dann auf geschätzt 60 Personen in dem nicht mehr als 40m² großen Raum. Die natürlich alle frühstücken und dabei am Tisch sitzen wollten. Spätestens hier – das war unser Eindruck – wäre die Coronaparty perfekt gewesen. Über 90% der Passagiere waren LKW-Fahrer, die (wenn wir die Deutsche Impfreihenfolge als Referenz heranziehen) überwiegend ungeimpft sein dürften. Nun machte sich das bereits angesprochene, beklemmende Gefühl in uns breit. Mal ganz davon abgesehen, dass das Frühstück gelinde gesagt „einfach“ gestaltet war, hatten wir aufgrund der äußeren Umstände eher wenig Appetit. Rückblickend können wir übrigens mittlerweile festhalten, dass wir entweder äußerst symptomfrei oder in Gänze von Covid19 vorschont geblieben sind.

Was uns in den Folgetagen allerdings wiederum sehr überraschte war die Corona- und Maskenvorschriften im Alltag Litauens: Ohne Impfnachweis ging hier nämlich gar nichts mehr. Selbst Supermärkte wären für uns nicht zugänglich gewesen, hätten wir nicht über die deutsche Corona-Warn-APP unseren digitalen Impfnachweis immer dabeigehabt. Zusätzlich war das Tragen einer Atemschutzmaske obligatorisch. Ein Restaurantbesuch oder auch der kurze Aufenthalt beim Friseur war zuallererst vom Vorzeigen des Impfnachweises abhängig. Wenn wir uns die gegenwärtigen Zahlen in Deutschland anschauen, wäre dieses Vorgehen auch für dort durchaus sinnvoll!

Zurück zu unserer eigentlichen Reise: Litauen bzw. die Schönheit des Landes fliegt für viele Deutsche sinnbildlich sicherlich unter dem Radar. Ich war vor mehreren Jahren während meines Studiums auch unter anderem in Litauen als Reiseleitung unterwegs und lernte das Land demnach in Teilen bereits kennen. Auch damals bin ich in der westlichsten Stadt Litauens – Klaipeda (ehemals Memel) – per Fähre angekommen. Und auch dieses Mal sollten wir – wenn auch mit einer kleinen Verzögerung – auf die kurische Nehrung fahren. Die Kurische Nehrung ist eine ca. 100km lange Halbinsel die seit 1945 zum nördlichen Teil (52km) Litauens und zum südlichen Teil (46km) zur russischen Oblast Kaliningrad gehört. Sie trennt das kurische Haff von der Ostsee und ist zwischen ~4km und nur knapp 400 Metern breit. Riesige Sanddünen prägen das Landschaftsbild und machen die, für uns befahrbaren, nördlichen 50km zu einem abwechslungsreichen Abschnitt unserer Reiseroute. Die Sanddünen waren übrigens einst Wanderdünen und haben mehrere Ortschaften unter sich begraben, ehe sie im 19. Jahrhundert bepflanzt und damit „unbeweglich“ gemacht wurden. Das Faszinierende an der kurischen Nehrung ist, dass es einerseits nur eine einzige Straße gibt, auf der man vom nördlichsten Punkt (bei Klaipeda) bis hin zum südlichsten, zu Litauen gehörenden Punkt, Nida gelangen kann und anderseits, dass sie teils übersät ist mit dichten Birkenwäldern und ihre charakteristischen Sanddünen die schroffe Ostsee abschirmen. Nicht zu vergessen, dass auch die Fauna hier außerordentlich ausgeprägt ist. Füchse, Wildschweine oder auch Elche sind hier zu Hause! Ein toller Kontrast. Einmal mehr war für uns übrigens spürbar, dass wir außerhalb der eigentlichen Reisezeit unterwegs waren. Es gibt nicht viele Parkplätze außerhalb der ebenso wenigen Orte auf der Halbinsel, und doch hatten wir selbige in jeder Nacht komplett für uns. Und damit auch die Sonnenaufgänge:

 Wie bereits erwähnt, lässt die Kurische Nehrung einem (mit einer einzigen Ausnahme) keine andere Wahl, als vom Norden in den Süden und wieder zurückzufahren. Denn nur im Norden legt eine kleine Autofähre an. Und mit der muss man – es sei denn man beantragt recht kompliziert ein Visum für Russland, mit dem man über die Landesgrenze auf den südlichen Teil der Halbinsel fahren dürfte – Wohl oder Übel wieder zurück. Dementsprechend folgen hier relativ unsortiert einige Fotos unserer Zeit auf der kurischen Nehrung:

Nach fünf Tagen in Nida mit dem Thomas-Mann-Haus, Juodkrante mit dem Hexenhügel, einer kleinen Fahrradtour entlang des wunderbar ausgebauten Radweges, setzten wir schließlich wieder nach Klaipeda über und fuhren zielstrebig weiter in Richtung Siaulia bzw. zu einem wahrhaftig surrealen Ort – zum Kreuzhügel bzw. Berg der Kreuze. Dieser Wallfahrtsort im nördlichen Litauen ist wahrlich einzigartig. Ursprünglich haben hier Litauer*innen im 19. Jahrhundert aus Protest gegen das zarische Regime (Stichwort Novemberaufstände bzw. Januaraufstände) Kreuze aufgestellt. So standen hier um 1900 ca. 400 kleine und große Kreuze. Nach und nach kamen auch immer mehr Pilger zu diesem Wallfahrtsort, sodass hier mittlerweile – und ich übertreibe tatsächlich nicht – weit mehr als einer Million Kreuze stehen! Seht selbst:

Ninja und ich haben es uns übrigens nicht nehmen lassen diesen faszinierenden Ort auch nachts anzuschauen. Beeindruckend und irgendwie auch bedrückend zugleich.

Ungefähr eine Autostunde weiter in Richtung Norden fuhren wir in den zweiten Staat im Baltikum – Lettland – ein, um das Versailles des Baltikums zu bestaunen -  Schloss Rundale. Zwar kommt es „nur“ auf 138 Zimmer bei insgesamt 7.000m², doch die Bauherrin – die russische Zarin Anna Iwanowna – ließ sich im 17. Jahrhundert ganz sicher nicht lumpen.

Dem kurzen Abstecher über die Grenze ließen wir gemütlichere Tage folgen. Unfreiwillig leisteten wir in diesem Zusammenhang unseren Beitrag zur vermeintlichen Völkerverständigung. Bei Temperaturen um 7 Grad Celsius und weniger in Kombination mit hoher Luftfeuchte entwickelte sich der Untergrund unseres Stellplatzes über Nacht in eine sehr schmierige Angelegenheit, sodass wir trotz aller Bemühungen und klugen Ideen am darauffolgenden Morgen zwar einige Meter gutmachten, uns am Ende jedoch eingestehen mussten, dass wir James tatsächlich nicht mehr aus eigener Kraft befreien konnten. Umso besser, dass ausgerechnet in dem Moment ein seit 20 Jahren in Litauen lebender Deutscher – Thomas – mit seinem allradbetriebenen SUV zum Angeln vorbeikam und uns kurzerhand aus dem Schlamm(assel) zog. Danke!

Unser Platz für die Nacht

Hier kann man schon ein paar Spuren im nassen Gras erkennen…

Wäsche waschen stand darauffolgend in Kaunas – der zweitgrößten Stadt Litauens – an. Auch das gehört zum Fulltime Leben im Van dazu. Irgendwo müssen unsere Kleider und Bettwäsche etc. ja nun wieder sauber werden.

Und am Ende des Tages standen ganz klischeebehaftet zwei Tage Sightseeing auf dem Programm:

Ohne viele Umschweife sollen zum Abschluss Litauens noch Fotos aus Vilnius und der Wasserburg Trakai folgen:

Das Wasserschloss - übrigens eines der Wahrzeichen Litauens schlechthin - im Rücken überquerten wir wenig später die Litauisch - Polnische Grenze.

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Abbruch? Aufgeben? Erzwungene Reisepause. Totalschaden.

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Schweden - Teil II