Norwegen - Teil I

Norwegen - DAS schönste Skandinavischte Land?

So sollten es also vorerst die letzten Tage in Südschweden sein und das westliche Nachbarland lockte uns nun endgültig:

Übergesetzt nach Sandefjord sind wir von Strömstad für schmale 41€ und einer ca. zweieinhalbstündigen Fahrt. Nachdem wir mehrmals unsere Impfpässe bzw. den QR-Code vorgezeigt hatten, da Norwegen sehr stringent bei der Einreise und COVID-19 ist, waren wir also in Norwegen.

Einschub Mitte September:

Nach mehreren Wochen außerhalb der EU hat Ninja übrigens treffend festgestellt, dass Norwegen schön ist… Anders schön als Schweden und dass die zwei Länder doch nicht gegeneinander antreten müssen, sondern jedes für sich seinen Reiz hat.

Schon zu Beginn fallen uns im Vergleich zum flachen Teil Südschwedens natürlich die massiven Felsen und Berge auf, die das Landschaftsbild Norwegens prägen und teils gigantische Ausmaße annehmen. Das merken wir einerseits, wenn wir uns umschauen und andererseits auch, wenn wir uns in James mal wieder die Bergstraßen und Serpentinen hochschlängeln. Wir finden unseren allerersten Platz unweit Sandefjords auf einem Parkplatz am Hafen und Badestelle in einem kleinen Örtchen und können nun die Füße hochlegen. Uns ist immer noch der Wettergott gewogen und uns scheint bei angenehmen 18 Grad die Sonne ins Fahrzeuginnere. So kann Norwegen gerne bleiben!

Am zweiten Platz in der Folgenacht erleben wir dann Norwegen von seiner romantischen Seite. Traumhafter Sonnenuntergang, an einem Platz direkt am See und Feuerstelle. Weit und breit keine andere Menschenseele.

So langsam aber sicher hatte sich in uns dann der Drang nach sportlicher Aktivität breitgemacht und wir planten daher unsere erste Wanderung bzw. unser erstes Bergsteigen ein. Zum Hereinkommen entschieden wir uns zu einem sehr bekannten Fotomotiv des Landes zu gehen - den Kjeragbolten.

Die erste Herausforderung - der Kjeragbolten

Der Kjerag bzw. eigentlich ist es weniger der Berg an sich, sondern der Kjeragbolten ist sicherlich mehr Menschen bekannt als gedacht, denn gefühlt hat jeder ein Foto dieses Ortes schonmal irgendwie im Netz gesehen. Ein Monolith, der quasi zwischen zwei Felswänden feststeckt. Eigentlich nichts Besonderes, wenn der Bolten nicht ausgerechnet in ca. einem Kilometer Höhe feststecken würde, und es unterhalb des Felsens im Grunde ohne Umwege in den Lysefjord geht. Einfach spektakulär und atemberaubend. Was man auf den schnellen Blick nicht sieht, ist die Anstrengung, die dahintersteckt, um zu ihm zu gelangen. Es sind zwar nur 4,9km vom Touri-Parkplatz bis man bei ihm ist, diese haben allerdings auch über 900 Höhenmeter in sich, die überstiegen werden wollen. Für euch sinnbildlich ohne Umwege: Diese Wanderung war stellenweise wirklich herausfordernd. Es ist eine Mischung aus unwegsamem Gelände, Steinstufen und „ich muss mich hier irgendwo festhalten, damit ich nicht abrutsche“. Eine ganze Weile geht man dann wie auf dem Dach der Welt auf dem Rücken des Kjerag und kommt dann in der Schlucht an, in der besagter Monolith seit Jahrtausenden feststeckt. Und es ist total beeindruckend. Vor diesem Felsen zu stehen und unter ihm direkt auf den Fjord blicken zu können (in den man fallen würde, wenn man abrutscht oder oder oder) war wirklich angsteinflößend. Während ich es mit der Höhenangst (kurzer Schwenk: eigentlich müsste es doch Tiefenangst heißen, da ich mich ja ohne Probleme oben auf einem Felsen bewegen kann, solange das umliegende Gelände ähnlich hoch ist und ich es „nur“ dann mit der Angst bekomme, wenn ich plötzlich vor einer Klippe stehe, hinter der es senkrecht in die Tiefe geht, ODER?) habe, hat Nini es sich nicht nehmen lassen tatsächlich den Schritt auf den Bolten zu wagen. Wir waren übrigens beide froh, als sie am Ende wieder bei mir angekommen ist!

Mit dem psychologischen Moment auf unserer Seite, dass wir der im wahrsten Sinne des Wortes Bergfest ja nun hinter uns gelassen haben, ging es die gleiche Route wieder zurück. Was langweilig klingen mag, ist in dieser Höhe einmal mehr faszinierend, da sich einem nun die Landschaft eröffnet, die man ja zuvor stillschweigend im Rücken hatte. Und auf einer Höhe von ca einem Kilometer über den Fjorden kann man ganz schön weit ins Landesinnere und darüber hinaus gucken…

Eine verdiente Abkühlung gab es anschließend im bzw. unter dem Wasserfall, der sich zufälligerweise direkt an unserem Parkplatz und auch Übernachtungsplatz ergoss… Well… Zufällig war das natürlich nicht. Wir hatten einen zwei Kilometer entfernten Platz angesteuert, der neben dem Wasserfall erstens kostenlos war (und keine 30€ Parkgebühr gekostet hätte wie der Touri-Parkplatz) und an dem man zweitens auch über Nacht stehen darf.

Der LYSEFJORD

Aus einer Niederlage einen Sieg gemacht:

Wenn man einmal am Kjeragbolten ist und anschließend weiter zum wahrscheinlich noch bekannteren Preikestolen fahren möchte, so ist der kürzeste Weg direkt über den Fjord (in den man vom Kjeragbolten gefallen wäre). Den LYSEFJORD. Es schlängeln sich 27 Serpentinenkurven und ein Tunnel über bzw. durch den Berg, bis man unten am Fuße des Berges an selbigem angekommen ist. Dort unten fährt in der Nebensaison dreimal täglich eine - wie sich herausstellen sollte - kleine Fähre. Auf jene passen ca acht Autos und 30 Fußgänger. Unsere vorherige Recherche zeigte, dass man sich einen dieser acht Plätze fürs Auto (insbesondere mit einem Wohnmobil bis sieben Meter Länge) am Vortag besser online reservieren sollte, damit man auch tatsächlich mitgenommen wird. Beim Buchungsvorgang des Unternehmens Kolumbus tauchte der Hinweis für Wohnmobilisten auf, dass man mindestens 30cm Bodenfreiheit unter dem Fahrzeug haben müsste damit man mitfahren kann. Da es kaum ein Wohnmobil gibt, welches über so viel Bodenfreiheit verfügt, haben wir uns im Netz umgeschaut und eingelesen und konnten keine Schwierigkeiten bei anderen Campern erkennen, die darauf schließen ließen, dass diese 30 cm tatsächlich wichtig sind und jemand wegen zu wenig Bodenfreiheit nicht mitfahren konnte. Sodann haben wir uns entschlossen die Fähre für den frühen Morgen des nächsten Tages zu buchen (Abfahrt 07.10 Uhr).

Nach dem Frühstück um sechs Uhr und ca 18 der 27 Serpentinenkurven später kamen wir am Fähranleger an, wurden nach unserer Reservierung gefragt (yes!) und unser James begutachtet. Es hieß schon: „Ooh, könnte knapp werden“. Was dann folgt, fühlte sich wie eine 7:0 Klatsche (für Handballfans 33:15) im Derby an: Wir sollten rückwärts über eine Rampe auf die Fähre setzen (weil man später über die gleiche Rampe vorwärts wieder herunterfährt) und hierbei über einen so dämlich geformten Bumper/Huckel dieser Rampe fahren, dass wir aufgrund des langen Radstandes tatsächlich (zum Glück nur leicht und ohne wirklichen Schaden) mit unserer Trittstufe aufsetzten und nicht weiter auf die Fähre fahren konnten bzw. sollten. Wir wurden also sozusagen von Bord geschickt… Keine Chance! und keine andere Idee, wie es klappen könnte. Und zugegebenermaßen auch kein weiterer Versuch der Mitarbeiter, die aufgrund des Fahrplans lieber schnell mit dem nächsten Fahrzeug weitermachten.

Und hier standen wir nun und guckten der Fähre beim Ablegen und Abdampfen zu:

Was bedeutete das nun für uns?

Erstens: Die Fährfahrt auf dem schönen LYSEFJORD fiel sinnbildlich ins Wasser. D.h. den Blick vom Fjord auf den Kjeragbolten und sogar auch auf den Preikestolen blieb uns vorerst verwehrt. Zweitens: Anstatt einer 1h20 minütigen Bootstour für den ca. 40 Kilometer langen Fjord blieb uns als einzige Möglichkeit ein 2.5h Um-Weg über die 130km des norwegischen Hinterlandes. Drittens: Wir mussten uns entscheiden, ob wir trotzdem zum westlich gelegenen Preikestolen wollten, oder über die in Summe schneller / kürzere östliche Route direkt zu unserem nächsten Reiseziel.

Wir entschieden uns für ein „wir fahren erstmal Richtung Westen und gucken unterwegs, ob wir noch auf den Preikestolen gehen“.

Preikestolen - das Brandenburger Tor Norwegens

Nach einigen Kilometern im besagtem Hinterland und unserem eigentlich für den Aufstieg gedachten Broten entschieden wir uns dann doch für das Brandenburger Tor Norwegens - den Preikestolen. Wenn wir schon hier ein der Gegend sind (in Summe ist es eine Stunde Umweg zusätzlich gewesen) sollten wir uns auch diese Sehenswürdigkeit anschauen. Zum Preikestolen sei gesagt, dass der Auf- und Abstieg im Verhältnis zum Kjerag entspannend war. Erstens sind nicht so viel Höhenmeter zu absolvieren und zweitens ist die Distanz vom Parkplatz zum Felsplateau auch nicht so weit. Die Aussicht über den (immernoch gleichen) LYSEFJORD war auch diesmal wieder genial. Zwar tummeln sich hier auch in der Nebensaison deutlich mehr Menschen als auf dem Kjerag, doch das hat uns ich gestört. Die Fotos sind trotzdem eine schöne Erinnerung:

Insgesamt (Hin- und Rückweg) hat uns die Preikestolen Wanderung um die drei Stunden abverlangt, sodass wir uns anschließend sogar noch sozusagen revanchieren konnten. Nach dem obligatorischen Check des Wetters in den kommenden drei Stunden buchten wir uns tatsächlich noch auf die gleiche Fähre ein, die uns am Morgen noch hat wegschicken müssen. Der einzige Unterschied diesmal? Wir ließen James am Hafen stehen und nutzen die jeweils gut einstündige Fährfahrt über den LYSEFJORD, um uns als „Füßgänger“ die Sehenswürdigkeiten, auf die wir in den letzten zwei Tagen gestiegen waren aus der Tiefe anzuschauen.

Am Abend fühlte es sich so an, als hätten wir die Niederlage des Morgens in einen 2:1 Sieg in der 118. Minute gedreht. Aus einem verkorksten Start wurde ein mehr als versöhnliches Ende!

Fjordwelten Norwegens

Die darauf folgenden Tage waren geprägt von der Fjord- und Inselwelt Norwegens. Immermal wieder stand eine kurze oder lange Fährfart an und auch die kilometerlangen Tunnel gehörten auf diesem Abschnitt einfach dazu. Wir ließen Stavanger hinter uns, verbrachten eine Nacht kurz vor Bergen und erkundeten selbige Stadt mit unseren Fahrrädern. Irgendwie sind wir beide mit Bergen nicht sehr warm geworden. Deshalb gibts hierzu auch nichts zu erzählen. Umso freudiger waren wir, als wir uns auf eine der Inselketten aufmachten. Bulandet hieß unser Tagesziel. Kostenlos per Fähre fuhren wir eine Stunde über die See und anschließend verbrachten wir den Tag auf der nur durch kleine Brücken verbundenen Inselkette und genossen einmal mehr das herrliche Wetter.

Ein einmaliges Erlebnis für uns!

Norwegens Berge - Für jeden machbar? Oder zu anstrengend?

Nach all den gefahrenen Kilometern auf dem Rad könnte man jetzt auf die Idee kommen, wir würden uns ausruhen und mal die Seele baumeln lassen. Das haben wir uns allerdings für die Lofoten aufgehoben, weshalb wir uns erneut auf den Weg zu zwei wirklichen Kraftanstrengungen machten: Der Hornelen und der Skåla warteten auf uns.

Hornelen:

Ein Weg 8km. 900 Höhenmeter. Sehr unebenes Terrain. Ständiger Wechsel der Steigung. Kaum „ausgebaut“, sondern total naturbelassen. Unfassbar abwechslungsreiche Landschaft. Mal Moor, dann Steilwand, dann Seeebene, am Steilhang über Steinblöcke anschließend über ein gigantisches Meer aus einer Trilliarde kleinen und großen Felssteinen/Brocken und am Ende steiler Anstieg zum Gipfel. Man wusste bis zur letzten halben Stunde nicht, auf welchen Gipfel man gehen würde. Sehr ermattend. Angekündigt als ein(!) Weg 5 Std. Für uns: 6.05h insgesamt ohne Pausen und mit Pausen 8:21h. Beginn 10:00 morgens.

Anstrengunsgrad Nils: 9; Ninja: 7

Auf dem Gipfel des Hornelen

Steht Nils’ die anstrengende Aufstieg eigentlich ins Gesicht geschrieben?! ;)

Steht Nils’ die anstrengende Aufstieg eigentlich ins Gesicht geschrieben?! ;)

Fahnenschwenker!

Fahnenschwenker!

Eine kalte Dusche im Anschluss an die gut acht Stunden Bergsteigen vor James: unbezahlbar!

Nordfjordeid und die Schlange

Als hätten wir es uns verdient, gab die Sonne am darauffolgenden Tag ihr Gastspiel und wir konnten dadurch nicht nur unsere – in Eimern vor James – gewaschene Wäsche trocknen, sondern auch unsere müden Glieder in den Campingstühlen ausruhen, während wir an unserem Urlaubsteint arbeiten. An den darauffolgenden Tagen besuchten wir das kleine Örtchen Nordfjordeid und dessen Umgebung, die uns nicht nur eine überraschende Testfahrt mit einem Polestar - einem richtig coolen Elektroauto - bescherte, sondern auch neue Wanderschuhe und ein faszinierendes Flussdelta.

Doch war wohl nichts mit ausgiebigem Shoppen – schon zwei Tage nach dem Hornelen-Erfolg wagten wir uns an die nächsten Höhenmeter – 1840 in Summe. Motiviert, mit neuen Wanderschuhen und ausreichend Proviant machten wir uns also auf einen langen, stetig ansteigenden und rückblickend verdammt anstrengenden Aufstieg.

Skåla:

Ein Weg 8km und 1.840 Höhenmeter. Der längste Aufstieg Norwegens. Beginn bei 0m. Durchgehend steil. Steiler Beginn auf Schotterpfad. Anschließend durch Wald und am Hang verschiedener vorgelagerten Berge. Auf 1.100 Meter die Wasservorräte in einem Bergsee auffüllen, am Schneefeld vorbei und schließlich steil den eigentlichen Berghang hoch. Hatte was von Treppensteigen für Riesen. Es folgt ein Steinplateau und anschließend die letzten Kilometer auf recht einfachem Weg über Felsen. Durchgehend unfassbar gut ausgebaut. Überall Steintreppen - quasi gepflastert, bishin zur Spitze. Die Spitze selbst lag in einem Wolkenfeld. Deshalb auch 1.20h Pause in wärmer Hütte auf dem Gipfel.

Anstrengungsgrad Nils: 7, Ninja 10(!).

Dauer: 3Std Aufstieg (Nils 2:39h) und Abstieg ebenfalls 3 Std jeweills ohne Pausen gerechnet. Dauer insgesamt 8.04h.

Eine Dusche am Fuße des Berges inkl. ein bisschen Missgunst einer sonst sicherlich netten Norwegerin: unbezahlbar.

Mit derbem Muskelkater (Nini war froh, sich überhaupt noch allein die Schuhe anziehen zu können), aber verdammt stolz machten wir uns auf den Weg zu einem der bekanntesten Fjorde Norwegens. Welche Überraschung uns dort ereilte und was wir im Reich der Trolle, sowie oberhalb des Polarkreises erlebten, lest ihr im zweiten Teil unseres Norwegen-Berichts!

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