Schweden - Teil I

Schweden, ein Land, von dem Nils schon seit Jahren schwärmt: Landschaften mit tollen Fahrradwegen, unberührter Natur und zahlreichen kleinen Seen, auf denen man Kanufahren, um die man spazieren, durch die man schwimmen oder in die man nach der Sauna springen kann. Entsprechend groß war meine Erwartung an dieses wundervolle Land.

Mitte August querten wir die Öresundbrücke von Kopenhagen nach Malmö. Sie beeindruckte uns zu später Stunde besonders, da sie in den LGBT-Farben leuchtete. Auf einem Aussichtpunkt quasi direkt an der Brücke wurden wir von so starkem Wind empfangen, dass Nils‘ Kamera trotz Stativ leider nur schwerlich ein scharfes Foto aufnehmen konnte. 

Öresundbrücke (30).jpg
Öresundbrücke (8).jpg

Malmö gilt als moderne, beeindruckende Stadt, welche architektonisch mit dem Turning Torso sowie auch kulinarisch überzeugen soll. Allerdings entschieden wir uns dagegen, durch deren Straßen zu flanieren, denn wir lasen in jeglichen Foren und Berichten, dass die Einbruchrate in Wohnmobile selbst am helllichten Tag sehr hoch sei. Daher verbrachten wir die folgenden drei Tage in kleinen Orten nördlich von Malmö. Es folgte Regen, Regen und noch mehr Regen. Diese Zeit nutzen wir – in diversen Bibliotheken und kuschelig warm in James - zur Planung unserer Reiseroute.

Ganz links seht ihr die Karte von Schweden, die wir nach rechts vergrößert haben. Wir hielten uns bisher nur im südlichen Bereich des Landes auf. Beginnend beim untersten Bild in Malmö sah unsere Route schlussendlich so aus:

Kaum auszudenken, wie herrlich unsere Stellplätze bei gutem Wetter gewesen wären. Aber wir ließen uns die Laune nicht verderben und nutzen die kurzen Regenpausen für tolle Erinnerungen:

Der Kullaberg

Einen regenfreien Tag nutzten wir zur Erkundung des Kullabergs. Auf einer Höhe von 78,5 Metern thront dort der Kulla Fyr, der lichtstärkste Leuchtturm Skandinaviens, dessen drei große Linsen nachts in 50km Entfernung sichtbar sind. Funfact: Der Leuchtapparat muss sich auch bei Tag drehen, da die Linsen sonst als Brennglas fungieren und bei einfallendem Sonnenlicht einen Waldbrand verursachen könnten. Die Wanderung im Umkreis von 8km des Leuchtturms bestach durch atemberaubende Aussichten an rotbraunen Steilklippen, zerklüfteten Felsvorsprüngen und kleinen Felsenhöhlen. 

Kullaberg (48).jpg

Store Mosse Nationalpark

Weiter ging es für uns in einen der 30 Nationalparks, die sich über das ganze Land erstrecken. Im Store Mosse, dem größten südschwedischen Moorgebiet, erkundeten wir auf einem Plankenweg die einzigartige Landschaft. Dennoch waren wir froh, dass sich die Eintönigkeit verabschiedete, nachdem wir das Moor gequert hatten. So setzten wir die 12km-Runde im Wald fort und erlebten die „gängige“ Fauna Schwedens: eine Mischung aus Birken und Nadelbäumen und dazwischen Heidelbeersträucher so weit das Auge reicht.

Per Fahrrad durch die lila Heidelandschaft

Es zog uns weiter in den Norden, wo wir im Småland unsere Reise etwas entschleunigten. Nils arbeitete vor einigen Jahren für ein Unternehmen, das geführte Fahrradtouren in verschiedenen Ecken Südschwedens sowie des Baltikums anbot und begleitet. Natürlich nutzen wir diese Erfahrung und unternahmen rund um Eksjö, eine unter Denkmalschutz stehende Holzstadt, mehrere Fahrradtouren. Ich kam gar nicht aus dem Schwärmen raus: Unglaublich, welche Vielfalt uns die Landschaft bereits innerhalb der ersten Kilometer bot. Von dichtem Nadelwald über eine lila blühende Heidelandschaft mit jungen Laubbäumen eröffneten flache Schneisen hunderte kleiner und großer Seen. Für mich sind Schwedens Farben also definitiv grün und blau: 

Eksjö

Und zwischendrin? Kleine Farbtupfer. Schwedenhäuser, wie sie im Buche stehen: süß, gemütlich und gepflegt strahlte das Holz in rot und weiß. Die 10 Millionen Einwohner siedeln sich auf eine Fläche von mehr als 447 000km². Entsprechend weitläufig erlebten wir die einzelnen kleinen Städte und Dörfer, welche teilweise aus drei Häusern im Abstand von 2km bestanden.

Absoluter Herzenstipp, solltet ihr mal in dieser Ecke sein: Macht unbedingt eine Tour vom Hotel Ullinge über Ingarp nach Hult und zurück nach Eksjö - Es lohnt sich! Wenn ihr eine kleinere Runde drehen wollt, empfehlen wir die Strecke von Hult nach Mariannelund. Diese folgt fast ausschließlich dem Astrid-Lindgrens-Leden, welcher sich übrigens knapp 2000km von Jönköping (Vätternsee) nach Västervik (Ostsee) erstreckt. Wir haben anschließend den kostengünstigen und kurzweiligen Bus von Mariannelund zurück nach Hult genommen.

Småland - Auf den Spuren unserer Kindheitshelden

Das Småland ist aber nicht nur perfekt für erholsame Fahrradtouren, sondern auch die Heimat von Pippi Landgstrumpf, Michel aus Lönneberga, Ronja Räubertochter, den Kindern aus Bullerbü und vielen anderen Kindheitshelden. Nicht nur, dass Astrid Lindgren in Vimmerby geboren wurde und dort ihrer Kindheit verbrachte, auch, dass ihr eigenes Umfeld Dreh- und Angelpunkt ihrer Geschichten wurde. So steht im Garten ihres Elternhauses ein Limonadenbaum, wie bei Pippi vor der Villa Kunterbunt und die Kinder aus Bullerbü lebten auf genau dem Hof, auf dem Astrid Lindgrens Vater aufwuchs. Diese Zeitreise war wirklich toll und wir sind beeindruckt, welche Anziehungskraft Bullerbyn, Kattult und viele andere Filmkulissen auch auf uns ausübten. Einen kleinen Abstecher machten wir darüber hinaus auch zur Holzstabkirche in Pelarne. Im typisch skandinavischen Gewand steht hier die Kapelle tatsächlich einige Meter neben ihrem Kirchturm.

Unsere Route führte uns vom Småland aus in den Nordwesten. Dort bestaunten wir im Nationalpark Norra Kvill Schwedens einzige tausendjährige Eiche, die Rumskullaeken. Mit einem Stammumfang von über 13 Metern und einer Höhe von 14 Metern ist sie in Schweden einzigartig. Kein Wunder, dass einige Stahlseile nötig sind, um den teilweise abgestorbenen Stamm zusammen zu halten. Wir geben zu, dass wir auch in Deutschland noch keinen so beeindruckenden Baum zwischen Leben und Tod gesehen haben. Nach einer sehr verregneten Wanderung durch den Märchenwald des Norra Kvills setzten wir unsere Reise in die Region Östergötland fort.

Linköping - die Studenten und Fahrradstadt

Wir landeten in Schwedens siebtgrößte Stadt, Linköping, welche sich selbst als Studenten- und Fahrradstadt bezeichnet. Dort lud uns der wunderschöne Dom zu Linköping als eine der bestbewahrten und am reichsten ausgestatteten mittelalterlichen Kathedralen Schwedens zum Staunen ein. Im Inneren bekommt auch der Ausdruck Baum des Lebens eine sehr schöne Bedeutung. Die Stadt selbst besticht mit vielen kleinen Cafés, Bars und Restaurants, welche auf belebten Plätzen zum Verweilen einladen. Doch nicht nur die Innenstadt ist sehenswert: Der kostenfreie Besuch in Flygvapenmuseum (Luftwaffenmuseum) Linköping beeindruckte und erschütterte uns zugleich. Eine sehr gelungene Aufbereitung und Darstellung der Geschichte vom kalten Krieg bis zum Mauerfall, untermalt durch zahlreiche Video- und Audiosequenzen sowie etwa 60 imposant schwebende und über den Köpfen der Besuchern thronende Flugzeuge und Luftwaffen. Besonders ergreifend: Das Originalwrack der über 50 Jahre in der Ostsee verschollenen Maschine DC-3, deren Anblick bereits Gänsehaut erzeugt, begleitet von der mahnenden Schilderung ihres Einsatzes, dramatischen Abschusses und deren aufwändiger Bergung. Um unsere Gedanken wieder aufzuhellen erledigten wir in Linköping einige organisatorische Dinge und stellten fest, dass die Rezeptur der Köttbullar zwar nicht anders war, als in deutschen Ikeas, aber das Feeling sie dennoch besser schmecken ließ. 😉

Zwei Stunden schleusen? Zwischen Berg und Borensberg

Nur wenige Kilometer nördlich steht das Kloster Vreta, einer ehemaligen Zisterzienserinnen-Abtei und gleichzeitig dem wohl ältesten Kloster Schwedens. Die alten, mit wildem Wein bewachsenen Ruinen strahlten eine solche Ruhe und Anmut aus, dass wir uns richtig vorstellen konnten wir, wie die Nonnen damals durch die Gemäuer und den Klostergarten wandelten. Doch das Dorf Berg ist eigentlich für etwas Anderes bekannt: Die Bergs slussar. Faszinierend für Jung und Alt sind diese insgesamt elf Schleusen, die insgesamt 18,9 Meter zwischen dem See Roxen und dem Göta-Kanal überwinden. Diese gliedern sich in eine siebenstufige Schleusentreppe sowie zwei Doppelschleusen. Trotz des Nieselwetters ließen wir es uns nicht nehmen, die Uferstraße des Göta-Kanals für ca 20Km mit den Rädern zu befahren. Nils kannte die Tour bereits und hatte nicht zu viel versprochen. Der Weg führte und durch eine traumhafte und ruhige Gegend, in welcher uns lediglich ein paar Fußgänger und kleine Schafherden begrüßten. Über das kleine Café im Örtchen Borensberg freuten sich anschließend vor allem unsere Beine und Regenjacken, für die eine Erholung nach knapp 10km mit Gegenwind genau richtig kamen. Der Geldbeutel fand diesen kleinen Snack und die Heißgetränke allerdings gar nicht so cool 😉. Mit dem Bus ging es, wie auch schon auf einer Tour im Smaland, zurück. Die Räder hingen entspannt auf dem Fahrradträger hinterm Bus und genossen die Landschaft nochmals im Trockenen.

Wäsche waschen ins Schweden - Gibt es überhaupt Waschsalons?

Nach einiger Zeit unterwegs, drängte sich unweigerlich die Frage nach sauberer Kleidung auf ;) Anders als in Dänemark, gibt es in Schweden quasi keine Waschsalons. Grund dafür ist, dass eine Waschmaschine in schwedischen Mietwohnungen bzw. Mietkomplexen zum Standard gehört. Auch in Hotels und auf Campingplätzen wird dieser Service in der Regel angeboten. Die Kosten belaufen sich dann übrigens auf ~18€ für eine große Waschladung (von der wir mit Sportkleidung, Bettwäsche, Handtüchern und der regulären Kleidung üblicherweise mindestens zwei benötigten). Ergo behalfen wir uns mit einem kurzen Zwischenstopp in einem Airbnb, um all unsere Wäsche zu waschen und James mal wieder richtig zu putzen. Eine Wohltat für unseren Van und für uns ;)

Info: In den größeren Städten Stockholm, Göteborg, Malmö gibt bzw. gab es schon vereinzelt Waschsalons. Ob ihr einen Umweg über selbige machen, oder euch nicht doch für eine Nacht im AirBnB einquartiert müsst ihr natürlich selbst entscheiden.

Nils mit vollem Körpereinsatz bei der Pflege unseres “James”

Nils mit vollem Körpereinsatz bei der Pflege unseres “James”

Natur pur in

Wir starteten also so sauber wie am ersten Tag in die wohl erinnerungsreichste Woche unserer Zeit in Schweden. Am Strängseredsjön fanden wir den bisher tollsten Stellplatz und genossen bei strahlendem Sonnenschein die Schönheit der schwedischen Natur. Baden, sonnen und lesen in der Hängematte wurden vom Abendessen auf einem kleinen Felsen bei schönstem Sonnenuntergang gekrönt. Ein wirklich perfekter Tag, der uns noch lange in Erinnerung bleiben wird!

Das Naturschutzgebiet Vättlefjäll erkundeten wir bei einer morgendlichen Laufrunde, die uns rund um den See Surtesjön im Västra Götaland über abgeschliffene Felsen, durch Wald und über Wiesen führte. Ein wunderschönes Fleckchen Erde nördlich von Göteborg, aber holla die Waldfee, war das anstrengend. Nach einer warmen Außendusche  an James war es für uns ein Leichtes, Göteborg - wie vorher auch Malmö - unbeachtet zu lassen und dafür direkt den Weg zu den Schären einzuschlagen.

Auf den Schären - wie in einer anderen Welt

Etwa 8000 kleine, von der Eiszeit geschliffene Felseninseln, so genannte Schären, prägen die Landschaft der 200km langen Küstenlinie nördlich von Göteborg. Dabei können sich diese über Quadratkilometer erstrecken, wie beispielsweise die Schäreninsel Tjörn, auf der unsere Zeitreise begann, oder auch nur ein paar Quadratmeter messen und bilden damit eine einzigartige Inselwelt. Wir machten uns keine Vorstellung davon, wie beeindruckt wir von diesen Formationen sein werden. Unsere Annahme, dass die Inseln kaum zugänglich, geschweigedenn bewohnbar sind, wurde spätestens im kleinen Örtchen Klädesholmen widerlegt. Auf einer Fläche von knapp 29 Hektar haben die Bewohner eng an eng in die Felsen gebaut und es sich wirklich gemütlich gemacht. Da wir James nicht durch die Gässchen quetschen wollten, erkundeten wir diese süße Insel mit den Rädern. 

Ähnlich gemütlich, jedoch etwas größer und deutlich touristischer ging es in Smögen zu. Für läppische 18.5€ kann man sich hier z.B ein Krabbenbrötchen kaufen; oder sich auf seiner Yacht im Hafen die Sonne auf den Bauch scheinen lassen. Am „Badsplats“ inklusive Sprungturm und Schwingseil am Felsen wagten wir den Sprung ins kalte Nass. Dabei warteten wir zwischendurch ein paar Minuten, um den kleinen Seehund nicht zu erschreckten, der kurzzeitig vorbei schwamm. Mit diesen Endrücken im Kopf fragen wir uns: Sind die Schären die besseren Lofoten? Kleiner, nicht so populär und dadurch, zumindest kurz nach der Hochsaison, total entspannt zu erleben? Wir sind gespannt, was wir nach den Lofoten sagen werden ;) 

Drohne - Klädesholmen (32)-Pano.jpg
Drohne - Klädesholmen (47).jpg

Bengtsfors - das Kanuparadies

Wie gesagt, die letzte Woche in Schweden war vollgepackt mit grandiosen Erlebnissen. Was könnte man in diesem von Seen durchzogenen Land noch machen? Richtig: paddeln gehen. Den dafür passenden Ort (und Kanuverleih) kannte Nils bereits von diversen Pfadfinderausflügen. Dafür zog es uns nach Bengtsfors, dem „Herz des Dalslands“, eines ca.
10 000km2 umfassenden Seengebiets und ziemlich genau mittig zwischen Bergen und Oslo. Hier tauschten wir also 3,5 Tonnen gegen gegen 30 Kilo und stiegen am Silverlake in unser - wie könnte es anders sein - silbernes Kanu. Die ersten Meter hatte ich noch gut Lachen und scherzte, ob wir hier Winnetous Schatz finden würden. Dann verging mir das Lachen, da es soo anstrengend war. Kapitän Nils hatte aber alles im Griff und so gleiteten wir ruhig durch eine faszinierende, wilde und gleichzeitig fast meditativ anmutende Natur. An einer kleinen Insel legten wir an, bestaunten die Schutzhütte inkl. Feuerstelle und Toiletten (wir waren mitten im Nirgendwo!) und genossen die wärmenden Sonnenstrahlen, nachdem wir unseren (verdienten) Proviant weggeputzt hatten. Insgesamt legten wir knapp 19km zurück (davon waren bestimmt anderthalb Kilometer „Umweg“. Warum? Kapitän Ninjas Zickzackkurs auf dem Rückweg zeugte von nicht allzu geübter Fahrweise). Aber ich muss wirklich sagen, dass sich diese Anstrengung absolut gelohnt hat!

Trotz des temporären Grau-in-Grau ist eins klar: Nils hatte Recht! Schweden zeigte sich strahlend - vor allem im Farbton grün. Es hat mich wirklich umgehauen, WIE grün dieses Land ist. Vor allem in Kombination mit diesen wunderschönen Seen und am besten noch bei Sonnenauf- oder -untergang. Einfach unglaublich schön! Resümierend haben wir im Bereich Süd- und Mittelschweden, welche gerade mal zwei Fünfteln des Gesamten Landes ausmachen, viiiiele wundervolle Eindrücke gesammelt. Mit diesem fast platzenden Erinnerungskoffer führt uns der Weg erst einmal nach Norwegen und dort bis hoch zu den Lofoten (Daumen drücken, dass das Wetter mitspielt!). Anschließend fahren wir über Nordschweden Richtung Stockholm.

Zurück
Zurück

Norwegen - Teil I

Weiter
Weiter

Dänemark - Teil II